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Der Erbauer Graf Georg von Helfenstein

Erbaut wurde der Hängegarten ab 1569 unter Graf Georg von Helfenstein, einem gebildeten, erfolgreichen Militär und hohem Verwaltungsbeamten der Habsburger. 1569 heiratete er in zweiter Ehe Apollonia, eine der Erbtöchter des letzten Grafen von Zimmern. Für seine junge Frau und sich selbst ließ er gleich nach der Hochzeit das Schloss in Neufra mitsamt des Schlossbezirks bis zu seinem Tod 1573 aufwändig umgestalten und modernisieren. Dabei entstand auch der heutige Hängegarten mit seinen rund 3.000 m2 Grundfläche.

Graf Georg entschied sich beim Bau seines Schlossgartens für einen selten realisierten Gartentypus, der der Begeisterung im Italien der Renaissance für terrassierte Gartenanlagen im Allgemeinen und den Berichten über antike Dachgärten, den sogenannten Hängegärten, im Besonderen seine Entstehung verdankte.

Welche Vorbilder ihn zu der im 16. Jh. selbst an königlichen Residenzen seltenen Gartenform inspirierten, ist bis heute unklar. Anschauungsbeispiele erhielt er sicher bei seinen zahlreichen Reisen in Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden und England. Vielleicht ließ er sich auch von der zeitgenössischen Gartenliteratur inspirieren. Die Patriziergärten in Augsburg, eine Art heimliche Gartenhauptstadt Deutschlands im 16. Jh., die habsburgischen Residenzen in Wien, Prag und Innsbruck als auch die aufwändigen Residenzgärten in Stuttgart und Heidelberg bildeten vermutlich einen Orientierungsrahmen.

Über die ursprüngliche Ausgestaltung der Gartenanlage wissen wir nichts. Die wenigen erhaltenen Akten enthalten keine näheren Angaben. Die älteste erhaltene Bildquelle, die den Hängegarten zeigt, stammt von 1688. Alle Rekonstruktionsversuche auf Basis besser dokumentierter zeitgenössischer Renaissance-Gartenanlagen bleiben pure Spekulation.

Sicher ist nur, Graf Georg traf eine bewusste gestalterische Entscheidung, für die es selbst an den Höfen des deutschen Hochadels zu seiner Zeit kaum Vergleichsbeispiele gab. Denn ausreichend ebene Fläche für einen gleich großen Garten in unmittelbarer Umgebung des Schlosses war vorhanden und auch die vielleicht notwendige Stabilisierung des Schlossberges hätte deutlich einfacher bewerkstelligt werden können.

Nur kurze Zeit diente Neufra als Hauptsitz der Helfensteiner. Bereits Graf Georgs Söhne zog es in das ererbte Schloss Messkirch. Seit dem Übergang an die Fürsten von Fürstenberg diente Neufra lediglich als unbedeutende Nebenresidenz. Nach 1806, als die Gemeinde an das Königreich Württemberg fiel, verwaiste das Schloss völlig. Erst 1867 kaufte der Riedlinger Textilfabrikant Ferdinand Gröber die gesamte Anlage und begann dort Strickwaren zu produzieren. Dennoch blieb der Hängegarten bis ins 20. Jh. durchgehend als Garten erhalten, wenn auch die Beetanlagen im Lauf der Jahrhunderte mehrmals umgestaltet wurden.

1976 erwarben Waltraud und Christian Johannsen den Garten. Sie ließen ihn umfassend restaurieren, unterstützt durch Fördergelder des Landes Baden-Württemberg und mehrerer Denkmalstiftungen. Dank der fachlichen Betreuung des Landesdenkmalamtes konnten sie den Garten nach Planskizzen des 18. Jh. mit 2.200 Buchspflanzen, 230 Taxus und 120 Rosenbüschen neu anlegen und ihn seit 1988 auch wieder dauerhaft allen Interessierten öffnen. 1994 übereignete das Ehepaar den gesamten Garten einer gemeinnützigen Stiftung, um ihn dauerhaft für die Allgemeinheit zu erhalten.

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